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Cannabis bei Krebs: Therapiebegleitende Anwendung und Wirkung
Hinweis: Dieser Artikel dient ausschließlich Informationszwecken. Wir geben keine medizinische Beratung. Bei gesundheitlichen Fragen konsultieren Sie bitte einen Arzt.
Eine Krebsdiagnose verändert das Leben grundlegend. Neben der belastenden Erkrankung selbst müssen Patienten oft mit schweren Nebenwirkungen der Therapie wie Übelkeit, Schmerzen und Appetitlosigkeit kämpfen. Medizinisches Cannabis hat sich in den letzten Jahren als wertvolle Ergänzung zur konventionellen Krebsbehandlung etabliert – nicht als Heilmittel, sondern als wirksames Instrument zur Linderung belastender Symptome. Dieser Ratgeber erklärt, wie Cannabis bei Krebs eingesetzt wird, was die Wissenschaft dazu sagt und wie betroffene Patienten Zugang zur Therapie erhalten.
Cannabis bei Krebs: Eine wichtige Klarstellung vorab
Bevor wir in die Details gehen, muss eine zentrale Aussage klar sein: Cannabis heilt Krebs nicht. Es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Cannabis Tumore beseitigen oder das Krebswachstum beim Menschen stoppen kann. Behauptungen in diese Richtung – oft in sozialen Medien oder auf unseriösen Webseiten zu finden – sind nicht nur falsch, sondern können gefährlich sein, wenn Patienten deshalb auf wirksame Krebstherapien verzichten.
Was Cannabis kann – und was nicht
Cannabis kann:
- Belastende Symptome der Krebserkrankung lindern
- Nebenwirkungen der Chemotherapie und Strahlentherapie reduzieren
- Die Lebensqualität von Krebspatienten verbessern
- Konventionelle Schmerztherapie ergänzen oder Opioide teilweise ersetzen
Cannabis kann nicht:
- Tumore heilen oder zum Verschwinden bringen
- Das Krebswachstum stoppen (keine gesicherten Daten beim Menschen)
- Konventionelle Krebstherapien ersetzen
- Eine Garantie für Symptomlinderung geben (Wirkung ist individuell)
Diese realistische Einschätzung ist wichtig, damit Patienten informierte Entscheidungen treffen können und Cannabis als das nutzen, was es ist: eine wertvolle palliative und supportive Therapie.
Wofür wird Cannabis in der Onkologie eingesetzt?
In der Krebstherapie hat sich Cannabis für mehrere spezifische Indikationen bewährt. Schauen wir uns die wichtigsten Anwendungsgebiete an.
1. Chemotherapie-bedingte Übelkeit und Erbrechen
Eine der am besten dokumentierten Anwendungen von Cannabis in der Onkologie ist die Behandlung von Übelkeit und Erbrechen bei Chemotherapie.
Das Problem: Viele Chemotherapeutika lösen starke Übelkeit und Erbrechen aus. Trotz moderner Antiemetika (Medikamente gegen Übelkeit) leiden viele Patienten erheblich unter dieser Nebenwirkung.
Wie Cannabis hilft: THC wirkt über Cannabinoid-Rezeptoren im Gehirn antiemetisch. Bereits in den 1980er Jahren wurden synthetische Cannabinoide wie Nabilon und Dronabinol als Antiemetika zugelassen.
Studienlage: Mehrere kontrollierte Studien zeigen, dass Cannabinoide bei Chemotherapie-bedingter Übelkeit wirksamer sind als Placebo und vergleichbar wirksam wie konventionelle Antiemetika. Besonders bei therapieresistenter Übelkeit, wenn Standardmedikamente nicht ausreichend wirken, kann Cannabis eine wichtige Option sein.
Praktische Anwendung: Cannabis wird meist zusätzlich zu etablierten Antiemetika eingesetzt. Die Einnahme erfolgt vor und nach der Chemotherapie. Viele Patienten berichten, dass Cannabis nicht nur die akute Übelkeit lindert, sondern auch die antizipatorische Übelkeit (die Übelkeit, die bereits vor der Behandlung aus Angst entsteht).
2. Appetitlosigkeit und Kachexie
Viele Krebspatienten leiden unter ausgeprägter Appetitlosigkeit und ungewolltem Gewichtsverlust (Tumorkachexie), was die Prognose verschlechtert und die Lebensqualität massiv beeinträchtigt.
Das Problem: Tumorkachexie ist ein komplexes Syndrom aus Gewichtsverlust, Muskelabbau und Entzündung. Konventionelle Therapien sind oft wenig wirksam.
Wie Cannabis hilft: THC ist bekannt dafür, den Appetit anzuregen. Dieser Effekt wird oft als unerwünschte Nebenwirkung bei Freizeitkonsumenten wahrgenommen, ist aber für Krebspatienten mit Appetitlosigkeit therapeutisch wertvoll.
Studienlage: Studien zeigen, dass Cannabis-Präparate bei AIDS- und Krebspatienten den Appetit steigern und zu Gewichtszunahme führen können. Die Wirkung ist jedoch moderat und individuell sehr unterschiedlich. Nicht jeder Patient spricht darauf an.
Praktische Anwendung: Niedrige bis moderate THC-Dosen, oft als Öl oder Fertigarzneimittel, werden vor den Mahlzeiten eingenommen. Die Dosierung muss vorsichtig angepasst werden, da zu hohe Dosen paradoxerweise Übelkeit auslösen können.
3. Tumorschmerzen
Chronische Schmerzen sind eines der belastendsten Symptome bei Krebserkrankungen, besonders in fortgeschrittenen Stadien.
Das Problem: Tumorschmerzen sind oft komplex – nozizeptiv (durch Gewebeschädigung), neuropathisch (durch Nervenschädigung) oder gemischt. Opioide sind Standardtherapie, aber viele Patienten sprechen nicht ausreichend an oder leiden unter starken Nebenwirkungen. Mehr zur Schmerztherapie mit Cannabis erfahren Sie in unserem Spezialratgeber zu Cannabis bei chronischen Schmerzen.
Wie Cannabis hilft: Cannabinoide wirken über verschiedene Mechanismen schmerzlindernd. THC und CBD beeinflussen Schmerzwahrnehmung, Entzündung und die emotionale Verarbeitung von Schmerz.
Studienlage: Die Evidenz für Cannabis bei Tumorschmerzen ist vielversprechend, aber nicht so stark wie bei neuropathischen Schmerzen. Studien zeigen moderate Schmerzlinderung, oft in Kombination mit Opioiden. Einige Patienten können durch Cannabis ihre Opioid-Dosis reduzieren (Opioid-sparender Effekt).
Praktische Anwendung: Oft werden Cannabis-Präparate zusätzlich zur bestehenden Schmerzmedikation eingesetzt. Die Dosierung ist sehr individuell. Manche Patienten profitieren von THC-betonten Sorten, andere von ausgewogenen THC:CBD-Verhältnissen.
4. Weitere Symptome
Cannabis wird bei Krebspatienten auch für weitere Symptome eingesetzt:
Schlafstörungen: Viele Krebspatienten leiden unter Schlafproblemen durch Schmerzen, Angst oder Nebenwirkungen der Therapie. Cannabis, besonders Sorten mit sedierenden Eigenschaften, kann die Schlafqualität verbessern. Unser Ratgeber zu Cannabis bei Schlafstörungen gibt weitere Informationen.
Angst und Depression: Die psychische Belastung einer Krebsdiagnose ist enorm. Während die Studienlage zu Cannabis bei psychischen Erkrankungen gemischt ist, berichten viele Patienten von verbesserter Stimmung und reduzierter Angst. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, da THC bei manchen Menschen Angst verstärken kann. Mehr dazu in unserem Artikel zu Cannabis bei Angststörungen und Depressionen.
Neuropathische Schmerzen durch Chemotherapie: Viele Chemotherapeutika verursachen Nervenschädigungen (Chemotherapie-induzierte periphere Neuropathie) mit brennenden, stechenden Schmerzen. Cannabis zeigt gute Wirksamkeit bei neuropathischen Schmerzen.
Welche Cannabis-Präparate werden bei Krebs eingesetzt?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Cannabis in der Krebstherapie anzuwenden.
Cannabisblüten
Anwendung: Inhalation über medizinischen Vaporizer (Verdampfer).
Vorteile: Schneller Wirkungseintritt (innerhalb von Minuten), gute Dosierbarkeit, breite Sortenauswahl mit unterschiedlichen THC:CBD-Verhältnissen.
Nachteile: Anschaffung eines Vaporizers erforderlich, für bettlägerige Patienten manchmal unpraktisch, kürzere Wirkdauer als orale Einnahme.
Für wen geeignet: Patienten mit akuten Symptomen (z.B. plötzliche Übelkeit), die schnelle Linderung benötigen.
Cannabisöle und -extrakte
Anwendung: Orale Einnahme, meist als Tropfen unter die Zunge (sublingual) oder geschluckt.
Vorteile: Einfache Anwendung, diskret, gleichmäßige Dosierung, lange Wirkdauer (4-8 Stunden).
Nachteile: Verzögerter Wirkungseintritt (30-90 Minuten), schwierigere Dosisanpassung bei Ersteinnahme.
Für wen geeignet: Patienten, die konstante Symptomlinderung über längere Zeit benötigen, z.B. für Appetitanregung oder chronische Schmerzen.
Fertigarzneimittel
Dronabinol: Synthetisches THC als Tropfen. Zugelassen für Appetitlosigkeit bei AIDS und Krebspatienten sowie für Übelkeit bei Chemotherapie.
Nabilon: Synthetisches Cannabinoid in Kapselform, speziell für Chemotherapie-bedingte Übelkeit zugelassen.
Sativex: Mundspray mit THC und CBD, primär für MS-Spastiken zugelassen, wird aber manchmal auch bei Krebsschmerzen eingesetzt.
Vorteile: Standardisierte Dosierung, oft bessere Kostenübernahme, medizinisch gut dokumentiert.
Nachteile: Weniger Variabilität als bei Blüten, oft höhere Kosten.
THC:CBD-Verhältnis – was ist richtig?
Die Wahl des THC:CBD-Verhältnisses hängt von der Indikation ab:
THC-betont (z.B. 20:1 oder höher): Gut für Appetitanregung, Übelkeit, starke Schmerzen. Stärkere psychoaktive Effekte.
Ausgewogen (1:1 bis 2:1): Oft bei Schmerzen, wenn psychoaktive Effekte minimiert werden sollen. CBD kann THC-Nebenwirkungen abmildern.
CBD-betont (z.B. 1:10 oder höher): Weniger verbreitet in der Onkologie, manchmal bei Angst oder wenn THC nicht vertragen wird. Kaum psychoaktiv.
Die optimale Zusammensetzung ist sehr individuell und muss durch Ausprobieren gefunden werden.
Dosierung: Wie wird Cannabis bei Krebs dosiert?
Die Dosierung von medizinischem Cannabis bei Krebs folgt dem Prinzip “Start low, go slow” – beginnen Sie niedrig und steigern Sie langsam.
Allgemeine Dosierungsrichtlinien
Anfangsdosis bei Blüten: 0,05-0,1 Gramm vaporisiert, 1-2 mal täglich.
Anfangsdosis bei Ölen: 2,5-5 mg THC, einmal täglich abends.
Steigerung: Alle 2-3 Tage um kleine Schritte erhöhen, bis gewünschte Wirkung eintritt.
Typische Erhaltungsdosis: Sehr individuell. Manche Patienten benötigen nur 5-10 mg THC täglich, andere 50 mg oder mehr.
Besonderheiten bei Krebspatienten
Palliativpatienten: Oft werden höhere Dosen benötigt und toleriert. Die Lebensqualität steht im Vordergrund, Nebenwirkungen werden großzügiger akzeptiert.
Chemotherapie: Cannabis sollte zeitlich abgestimmt werden – bei Übelkeit bereits vor der Chemotherapie beginnen und in den Folgetagen fortführen.
Ältere Patienten: Besonders vorsichtig dosieren, da ältere Menschen empfindlicher auf Cannabinoide reagieren.
Wechselwirkungen beachten: Cannabis kann mit Chemotherapeutika, Schmerzmitteln und anderen Medikamenten interagieren. Immer mit dem Onkologen abstimmen.
Anpassung im Verlauf
Die Dosierung ist nicht statisch. Sie muss an den Krankheitsverlauf, Therapieänderungen und individuelle Verträglichkeit angepasst werden. Ein Symptom-Tagebuch hilft, die optimale Dosis zu finden.
Nebenwirkungen und Risiken
Auch wenn Cannabis natürlichen Ursprungs ist, ist es nicht nebenwirkungsfrei.
Häufige Nebenwirkungen
Müdigkeit und Schläfrigkeit: Häufig, besonders zu Therapiebeginn. Kann für Patienten mit Schlafproblemen erwünscht sein, aber den Alltag beeinträchtigen.
Schwindel: Vor allem beim Aufstehen. Sturzgefahr bei geschwächten Patienten.
Mundtrockenheit: Sehr häufig. Ausreichend trinken, zuckerfreie Bonbons helfen.
Konzentrationsstörungen: Können den Alltag erschweren, dosisabhängig.
Euphorie oder Dysphorie: Manche Patienten empfinden die psychoaktive Wirkung als unangenehm.
Seltene, aber wichtige Risiken
Psychische Reaktionen: Angst, Paranoia oder Halluzinationen sind selten, aber möglich. Besonders bei hohen THC-Dosen oder Prädisposition.
Herz-Kreislauf-Effekte: Cannabis kann den Herzschlag beschleunigen. Bei Herzerkrankungen Vorsicht.
Wechselwirkungen: Cannabis wird über Leberenzyme abgebaut, die auch viele Chemotherapeutika verstoffwechseln. Theoretisch sind Wechselwirkungen möglich, praktisch aber selten klinisch relevant. Dennoch: Immer mit dem Onkologen besprechen.
Besonderheiten bei immunsupprimierten Patienten
Krebspatienten unter Chemotherapie haben oft ein geschwächtes Immunsystem. Beim Umgang mit Cannabis sollte auf Hygiene geachtet werden:
- Vaporizer regelmäßig reinigen
- Nur geprüfte Apotheken-Cannabis verwenden (keine Schwarzmarkt-Produkte)
- Bei oralen Präparaten auf sterile Verarbeitung achten
Weitere Details zu Nebenwirkungen finden Sie in unserem ausführlichen Artikel zu Cannabis Nebenwirkungen und Risiken.
Die Studienlage: Was sagt die Wissenschaft?
Die wissenschaftliche Evidenz zu Cannabis bei Krebs ist differenziert zu betrachten.
Gut belegte Anwendungen
Chemotherapie-bedingte Übelkeit: Mehrere randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) belegen die Wirksamkeit von Cannabinoiden. Sie sind mindestens so wirksam wie ältere Antiemetika, aber nicht unbedingt besser als moderne 5-HT3-Antagonisten.
Appetitanregung: Moderate Evidenz aus klinischen Studien, vor allem bei AIDS-Patienten. Bei Krebspatienten weniger Studien, aber positive Erfahrungsberichte.
Chronische Schmerzen: Gute Evidenz für neuropathische Schmerzen allgemein, weniger spezifische Daten zu Tumorschmerzen. Cannabis wird meist als Zusatztherapie untersucht.
Schwächere Evidenz
Tumorwachstum: Labor- und Tierstudien zeigen, dass Cannabinoide in hohen Konzentrationen Tumorzellen abtöten können. Diese Ergebnisse lassen sich NICHT auf Menschen übertragen. Es gibt keine klinischen Studien, die zeigen, dass Cannabis Krebs beim Menschen heilen kann.
Lebensqualität: Viele Beobachtungsstudien und Patientenberichte zeigen verbesserte Lebensqualität, aber methodisch hochwertige Studien sind rar.
Andere Symptome: Für Schlafstörungen, Angst und Depression bei Krebspatienten gibt es vorwiegend anekdotische Evidenz, kaum kontrollierte Studien.
Aktuelle Forschung
Die Forschung zu Cannabis in der Onkologie ist aktiv. Mehrere laufende Studien untersuchen:
- Optimale Dosierungen und Präparate
- Kombination mit spezifischen Chemotherapeutika
- Langzeiteffekte auf Lebensqualität
- Mögliche Rolle in der Palliativmedizin
Die kommenden Jahre werden mehr Klarheit bringen.
Cannabis auf Rezept für Krebspatienten: Der praktische Weg
Wie kommen Krebspatienten zu medizinischem Cannabis?
Schritt 1: Arztgespräch
Sprechen Sie Ihren Onkologen oder Schmerztherapeuten auf Cannabis an. Viele Krebsärzte sind offen für Cannabis als supportive Therapie, besonders in der Palliativsituation.
Wichtig: Seien Sie ehrlich über Ihre Symptome und bisherigen Therapien. Erklären Sie, welche Symptome Sie lindern möchten.
Falls Ihr Arzt zurückhaltend ist: Suchen Sie einen spezialisierten Cannabis-Arzt. Viele Telemedizin-Plattformen haben Erfahrung mit onkologischen Patienten. Mehr dazu in unserem Ratgeber zur Cannabis-Arztsuche.
Schritt 2: Cannabis-Rezept
Wenn die medizinischen Voraussetzungen erfüllt sind, stellt Ihr Arzt ein Betäubungsmittelrezept (BtM-Rezept) aus. Bei Krebspatienten sind die Voraussetzungen meist klar erfüllt:
- Schwerwiegende Erkrankung: Krebs erfüllt dieses Kriterium
- Standardtherapien oft ausgeschöpft oder nicht ausreichend wirksam
- Positive Behandlungsprognose: Symptomlinderung ist realistisch
Mehr zum Thema Voraussetzungen finden Sie in unserem umfassenden Leitfaden zu Cannabis auf Rezept.
Schritt 3: Kostenübernahme beantragen
Für die Kostenübernahme durch die Krankenkasse stellt Ihr Arzt einen Antrag. Bei Krebspatienten sind die Chancen sehr gut:
Vorteile für Krebspatienten:
- Hohe Genehmigungsquote (über 80 Prozent bei onkologischen Indikationen)
- Bei schwerstkranken Patienten verkürzte Bearbeitungsfrist (drei Tage)
- Nachträgliche Genehmigung möglich (Sie können sofort beginnen)
Tipps für den Antrag:
- Onkologische Diagnose klar benennen
- Symptome konkret beschreiben (Schmerzintensität, Häufigkeit der Übelkeit, Gewichtsverlust)
- Bisherige Antiemetika oder Schmerzmittel auflisten
- Therapieziel definieren (z.B. Reduktion der Übelkeit, Verbesserung der Lebensqualität)
Detaillierte Anleitung in unserem Ratgeber zum Cannabis Kostenübernahme-Antrag.
Schritt 4: Apotheke und Therapiebeginn
Lösen Sie das BtM-Rezept in einer Apotheke ein. Nicht alle Apotheken führen Cannabis – fragen Sie vorab telefonisch. Mehr dazu in unserem Artikel zum Cannabis Apotheke finden.
Bei Therapiebeginn:
- Beginnen Sie mit niedriger Dosis
- Führen Sie ein Symptom-Tagebuch
- Achten Sie auf Nebenwirkungen
- Halten Sie engen Kontakt zu Ihrem Arzt
Cannabis in der Palliativmedizin
In der Palliativmedizin, wenn Heilung nicht mehr möglich ist und Lebensqualität im Vordergrund steht, spielt Cannabis eine besonders wichtige Rolle.
Vorteile in der Palliativsituation
Multisymptom-Kontrolle: Cannabis kann gleichzeitig mehrere Symptome lindern – Schmerzen, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, Angst.
Weniger Polypharmazie: Statt vieler Einzelmedikamente kann Cannabis mehrere ersetzen oder reduzieren, was besonders bei gebrechlichen Patienten vorteilhaft ist.
Lebensqualität: Viele Palliativpatienten berichten von deutlich verbesserter Lebensqualität und mehr Momenten ohne belastende Symptome.
Würdevolles Sterben: In der Sterbephase kann Cannabis helfen, Angst zu reduzieren und das Leiden zu lindern.
Besonderheiten bei Palliativpatienten
Höhere Dosierungen: Oft werden höhere Dosen benötigt und vertragen.
Großzügigere Akzeptanz von Nebenwirkungen: Wenn Müdigkeit oder leichte Benommenheit die verbleibende Lebenszeit erträglicher machen, ist das akzeptabel.
Schneller Zugang: Bei schwerstkranken Patienten kann Cannabis sofort verordnet werden, die Kassengenehmigung erfolgt nachträglich.
Kombination mit Opioiden: Cannabis wird oft zusätzlich zu Opioiden gegeben und kann deren Dosis reduzieren (weniger Verstopfung, weniger Sedierung).
Wichtige Hinweise für Patienten und Angehörige
Was Sie wissen sollten
Cannabis ist keine Wunderheilung: Halten Sie Erwartungen realistisch. Cannabis kann Symptome lindern, aber nicht den Krebs heilen.
Sprechen Sie mit Ihrem Onkologen: Beginnen Sie keine Cannabis-Therapie ohne Absprache mit Ihrem Krebsarzt. Wechselwirkungen mit Chemotherapie sind möglich.
Vorsicht vor unseriösen Angeboten: Meiden Sie teure “Krebsheilungs-Öle” aus dem Internet. Nutzen Sie nur Apotheken-Cannabis mit ärztlichem Rezept.
Geduld haben: Die richtige Dosis und das richtige Präparat zu finden, dauert oft Wochen. Geben Sie nicht zu früh auf.
Rechtliche Sicherheit: Mit Rezept ist Cannabis legal. Führen Sie bei Reisen immer Rezept und Attest mit. Mehr dazu in unserem Artikel zu Cannabis und Autofahren.
Tipps für Angehörige
Unterstützen Sie bei der Dosierung: Helfen Sie beim Führen des Symptom-Tagebuchs und bei der Einnahme.
Beobachten Sie Nebenwirkungen: Achten Sie auf Stürze bei Schwindel oder psychische Veränderungen.
Informieren Sie sich: Verstehen Sie, was Cannabis kann und was nicht, um unrealistische Hoffnungen zu vermeiden.
Respektieren Sie die Entscheidung: Wenn der Patient Cannabis nicht möchte oder nicht verträgt, akzeptieren Sie das.
Zusammenfassung: Cannabis als wertvolle Unterstützung
Cannabis hat sich in der Krebstherapie als wertvolle Unterstützung etabliert – nicht als Heilmittel, aber als wirksames Instrument zur Symptomlinderung und Verbesserung der Lebensqualität.
Die wichtigsten Erkenntnisse:
1. Klare Indikationen: Cannabis ist besonders wirksam bei Chemotherapie-bedingter Übelkeit, Appetitlosigkeit und chronischen Schmerzen bei Krebspatienten.
2. Therapiebegleitend, nicht kurativ: Cannabis ersetzt keine Krebsbehandlung, sondern ergänzt sie. Verzichten Sie niemals auf wirksame onkologische Therapien zugunsten von Cannabis.
3. Gute Verfügbarkeit: Mit ärztlicher Verschreibung und Kassenantrag ist Cannabis für Krebspatienten gut zugänglich. Die Genehmigungsquoten sind hoch.
4. Individuelle Dosierung: Die richtige Dosis ist sehr unterschiedlich und muss schrittweise gefunden werden. Geduld und enge ärztliche Begleitung sind wichtig.
5. Sicherheit beachten: Cannabis hat Nebenwirkungen und kann mit anderen Medikamenten interagieren. Immer in Absprache mit dem Onkologen anwenden.
6. Evidenz wächst: Die wissenschaftliche Forschung zu Cannabis in der Onkologie ist aktiv und bringt zunehmend Klarheit über optimale Anwendungen.
7. Palliative Bedeutung: In der Palliativmedizin kann Cannabis besonders wertvoll sein, um Leiden zu lindern und Lebensqualität in der verbleibenden Zeit zu verbessern.
Für viele Krebspatienten ist Cannabis ein Gewinn – weniger Übelkeit, besserer Appetit, erträglichere Schmerzen, besserer Schlaf. Es ist nicht für jeden geeignet und nicht in jeder Situation wirksam, aber als Therapieoption sollte es besprochen und bei Bedarf ausprobiert werden.
Wenn Sie oder ein Angehöriger an Krebs erkrankt sind und unter belastenden Symptomen leiden, sprechen Sie Ihren Arzt auf Cannabis an. Mit realistischen Erwartungen, medizinischer Begleitung und sachgemäßer Anwendung kann medizinisches Cannabis ein wertvoller Baustein in Ihrer Behandlung sein.
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